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Welding & Preservation

Schweißen & Konservieren

Brunnen "HINTERSTEIN I" Hindelang, Allgäu

Spezialstahl 25 CrMo 4
UW - Schweißen in Temper-Bead
Technik auf 36 m Wassertiefe
Brunnentiefe 70 Meter

Durch ein steigendes Qualitätsbewußtsein und steigende Qualitätsanforderungen ist eine beachtliche Verbesserung der Schweißnahtqualität unter Wasser entwickelt worden. Nur dadurch konnte eine Reparaturmaßnahme, eines noch im Bau befindlichen Trinkwasserbrunnen, erfolgreich durchgeführt werden.

Der Brunnen ist 70 m tief und besteht aus 2,5m und 3,0m langen zusammen- gemufften und verschraubten Rohrstücken. Der Innendurchmesser des Brunnen beträgt 1,06 m und die Wandstärke der Rohre ist 20 mm.

Vor dem Einbau der Filterrohre wurde das Brunnenrohr mit einer Kanalkamera untersucht. Der Rohrstoß in 33 m Tiefe hatte sich komplett gelöst. Die 12 konischen Sicherungsschrauben am Rohrstoß sind nicht mehr vorhanden, dadurch hat sich das obere Teil des Rohres auf dem unteren Rohrende ca. 8 cm hoch gedreht und steht jetzt auf den Führungsnasen des inneren unteren Rohres.

Nach der Auswertung des UW - Videos und einer Schweißprobe des Rohrstahls 25 CrMo 4 bekam die Firma Nordseetaucher GmbH den Auftrag erteilt das Brunnenrohr zu schweißen.

Das Niveau des Grundwassers befindet sich auf einer Höhe von ca. 860m über NN.

Der Taucher, bekleidet mit einem Warmwasser beheizten Taucheranzug, wurde mit Hilfe des Montagekorbs in dem Brunnenrohr herabgelassen.

Durch die Phase am äußeren Rand des inneren Rohres ergab sich ein Spalt von ca. 7 mm. Mit Auftragsnähten die im Temper-Bead-Verfahren geschweißt wurden, ist dieser Abstand geschlossen worden. Danach wurde mit einer hydraulischen betriebenen Flex (Bio-öl Viskosität < 1) die Schweißnaht und der Grundwerkstoff gesäubert und geebnet.

Geschweißt wurde mit einer speziellen UW-Elektrode 3,2 mm, die für den Einsatz von Stählen mit einem höheren Cäq >0,40% und für Wassertiefen zwischen 20m und 100m geeignet ist.

Die Wurzellage wurde mit einem Schweißstrom von 170 A und einer Gleichstromspannung zwischen 26 V - 30 V eingebracht. Die Decklagen mit 165 A und V = 26V - 30V.

Um Spannungen zu vermeiden, ist die Wurzel immer nur ¼ des Umfangs geschweißt worden, um dann auf dem gegenüberliegenden ¼, die gleiche Länge zu schweißen. Nach jeder geschlossenen Schweißraupe, ob Wurzel oder Decklage, ist die Schweißnaht mit einem 220 bar HD-Reiniger und einer Flex bearbeitet worden. Die Naht wurde mit einer besonderen Sorgfalt gesäubert und geschliffen, um selbst kleinste entstandene Wasserstoffrisse in der Oberfläche zu entfernen. Diese Art der Schweißnahtbearbeitung hat im Vergleich zu der Anzahl der Decklagen ein relativ kleines A Maß zur Folge. Die Fehlerquote in so einem kritischen Stahl wird aber um ein vielfaches reduziert. Insgesamt wurden 2 Auftragsnähte, 1 Wurzelraupe und 8 Deckraupen im Temper-Beat-Verfahren geschweißt.

Nach Abschluß der Schweißarbeiten wurde der Rohrstoß zusätzlich verbolzt. In dem letzten überlappenden Teilstück der Rohrenden, ca. 5 cm unter der Schweißnaht, wurde mit einer UW-Brennelektrode ein ca. 2,5 cm großes Loch durch beide Rohrwände gebrannt. Durch das brennen der Löcher, die natürlich nicht die Passgenauigkeit einer Bohrung hatten, hatte jeder der eingesetzten Bolzen etwas Spiel. Insgesamt wurden 12 Bolzen aus einem extrem harten Material eingesetzt und gegen das herausfallen gesichert und verschweißt. Da während und nach dem Ziehvorgang keine Möglichkeit bestand eine weitere Reparaturmaßnahme durchzuführen, war das Setzen der zusätzlichen Bolzen eine Notoption, falls die Schweißnaht gerissen wäre.

Am 14.11.1998 wurden die Taucherarbeiten beendet und das Rohr zum Ziehen vorbereitet.

Am 18.12.1998 lag der Laborbericht über die Testschweißung des Rohrmaterials 25 CrMo 4 vor. C = 0,22 % und Cäq = 0,53 % Der Stahl müßte auf 600° C erwärmt werden um ihn über Wasser zu verschweißen.

Ergebnis : Aufgrund der hohen C , Cäq Werte und der Vorwärmung über Wasser ist der Stahl in nasser Umgebung nicht zu verschweißen.

Am 22.12.1998 wurden die gesamten 70m Rohr mit über 500 to gezogen und die Schweißnaht ist nicht gerissen.

Nur durch das konsequente einhalten der Prozeßzusammenhänge von den Schweißtauchern und ein wenig Fortuna konnte dieser, für die Region, so wichtige Trinkwasserbrunnen fertiggestellt werden.

Dieses praktische Beispiel hat wieder einmal gezeigt, daß im Vergleich zu anderen kostenintensiveren Maßnahmen, das Schweißen unter Wasser für bestimmte Anwendungsfälle eine interessante Alternative ist und nicht nur an untergeordneten Bauteilen angewendet werden sollte.

Die Schweißer:

Andreas Stutz Andreas Schiefer